Was ist ein Harmonium? Herkunft, Aufbau und Funktionsweise

Das Harmonium fasziniert durch seine warmen, vollen Klänge und wird oft in Yoga-Sessions, Kirtan-Singkreisen und anderen Musikgruppen eingesetzt. Auf den ersten Blick mag es einem kleinen Klavier ähneln, doch hinter diesem Instrument steckt eine reiche Geschichte, die europäische und indische Musiktraditionen vereint. In diesem Beitrag erfährst Du alles Wissenswerte über das Harmonium – von seiner Entstehung über den Aufbau bis hin zur Funktionsweise.

Woher stammt das Harmonium?

Mitte des 19. Jahrhunderts erfindet der Franzose François Debain das Harmonium. Ursprünglich dient es in Europa als kostengünstiger Ersatz für die Orgel und wird, ähnlich wie ein Klavier, auf einem Stuhl sitzend gespielt, wobei die Luft mit Fusspedalen zugeführt wird. Schnell findet es seinen Weg in die Hausmusik.

Britische Missionare bringen das Harmonium dann nach Indien, wo es in den Kolonialkreisen und der bengalischen Elite in Kalkutta Anklang findet und schliesslich ins Marathi-Theater Einzug hält. In Indien ist das Harmonium als „Missionarsorgel“ bekannt und entwickelt sich weiter zum Hand-Harmonium, um den Bedürfnissen der indischen Musik gerecht zu werden.

Das indische Harmonium

In den 1880er Jahren begann der einheimische indische Harmoniumbau. Fusspedale weichen einem Handbalg, wodurch das Harmonium im Sitzen auf dem Boden gespielt werden kann, wie es bei indischen Instrumenten üblich ist. Die schwingenden Metallzungen, die den Ton erzeugen, werden zunächst aus Europa importiert, aber ab den 1940er Jahren auch in Indien produziert. Hauptzentren des Harmoniumbaus sind Kalkutta, Mumbai und Delhi.

Trotz seiner Vielseitigkeit und einfachen Handhabung stösst das Harmonium in der klassischen indischen Musik zunächst auf Widerstand. Klassische Puristen und Puristinnen lehnen es als unpassend für die Feinheiten indischer Ragas ab. Von 1940 bis 1970 verbietet der staatliche Rundfunksender All India Radio sogar seine Verwendung. Doch das Harmonium lässt sich nicht aufhalten: Es setzt sich durch und wird zu einem unverzichtbaren Bestandteil vieler indischer Vokalensembles.

Heute steht es für die erfolgreiche Verschmelzung westlicher und östlicher Musiktraditionen.

Wie ist ein Harmonium aufgebaut und wie funktioniert es?

Das Harmonium erzeugt Töne durch frei schwingende Metallzungen, die durch einen Luftstrom in Bewegung versetzt werden. Ein Handbalg, der mit einer Hand bedient wird, versorgt das Instrument kontinuierlich mit Luft, während die andere Hand die Tasten spielt.

Das Instrument verfügt oft über mehrere Zungensätze in verschiedenen Oktavlagen, die Du über Registerzüge aktivieren kannst, um unterschiedliche Klangfarben zu erzeugen. Dabei unterscheidet man zwischen der Bassoktave, der männlichen Oktave und der weiblichen Oktave.

Wichtige Bestandteile des indischen Harmoniums:

  1. Handbalg: Du bedienst den Handbalg mit einer Hand und erzeugst so den Luftstrom, der die Töne entstehen lässt.
  2. Tastatur: Mit der rechten Hand spielst Du die Tasten, die Ventile öffnen und Luft zu den Metallzungen leiten, die dann in Schwingung versetzt wird und einen Ton erzeugt.
  3. Metallzungen und Luftkammern: Die Metallzungen sind in verschiedenen Oktaven angeordnet und erzeugen unterschiedliche Klangfarben je nach Registereinstellung.
  4. Schöpfbalg: Ein zusätzlicher Schöpfbalg, der sich synchron mit dem Hauptbalg bewegt, sorgt für gleichmässige Luftzufuhr und ermöglicht es, Töne konstant und lange zu halten.
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